Montag, 9. Februar 2009

Kein Platz für Helden?

Angestoßen von einer Diskussion im Degenesis-Forum habe ich mir so meine Gedanken darüber gemacht warum Degenesis als "Depri"-Spiel gescholten wird, auch von mir. Ich kam für mich recht schnell darauf das ich keinen Platz für Helden in dem Setting sehe.

Für mich liest sich das als wenn nach 500 Jahren alles noch kaputter, schlimmer und grausamer geworden ist als es einige Dekaden nach dem Eschaton war. Selbst das zarte Pflänzchen Protektorat das im Erblühen ergriffen scheint, ist nichts weiter als ein durch die äußeren Umstände und die Kulte pervertiertes Etwas. Eher einem Schleimpilz gleich als einem Eichensetzling, der den Sporen mindestens ebenso gut stand halten könnte. Keine Identifikationsfiguren, keine Hoffnung auf Besserung. Es ist nicht einmal sicher ob dieser Pilz überlebt oder einfach hinweg geweht wird.
Das in meinen Augen schlimmste dabei ist auch das anscheinend davon ausgegangen wird das die Charaktere teil dieser menschenverachtenden Maschinerie namens Kulte sind. Alles was sie tun können ist um ihre blanke Existenz zu kämpfen.
Anstatt Hoffnungsträger für ihre Kulte und die Menschlichkeit zu sein sind sie nur stumpfer und gehirngewaschener Teil dieses Sogs der alles abwärts reißt.
Die Rolle des Helden und Silberstreifs in der Dunkelheit aber wird ihnen verwehrt. Zumindest vermittelt das GRW für mich diesen Eindruck. Doch nicht nur der Schreibstil trägt dazu bei. Da wäre noch das mitgelieferte Abenteuer (ich meine was tun die Charaktere denn da?) der Metaplot (von dem nicht mal der SL etwas wissen darf) und die Regeln.

Es ist nichts schlimmes daran genau das was ich schrieb zu mögen. ICH mag es nicht.
Ich mag tatsächlich die Menschen spielen die außergewöhnliche Dinge tun, die anderen Hoffnung geben, die wieder aufbauen anstatt nur zu überleben und sich winden müssen um nicht zwischen größeren Mächten zerquetscht zu werden. Das mag von Anderen powergaming oder bashen oder mit dicker Knarre in der Hand und Kippe im Mundwinkel Mutanten abknallen genannt werden. Wobei das nur ein kleiner Teil meiner Vorstellung von Hoffnungsträgern ist. ;) Genau das ist es glaube ich auch, warum viele so denken wie ich und in DeGen ein Depri-Spiel sehen. Es gibt keinen Platz für Helden.
Das strahlende Helden ohne dunkle Seiten, Macken, Ecken und Kanten, vor allem in einem Endzeitsetting, reichlich lahm sind das sehe ich natürlich auch. Sowas will ich auch gar nicht. Es wäre aber schön wenn man überhaupt nur ein Teelicht in der Dunkelheit sehen würde.
Das sehe ich aber nicht. Nicht weil ich Schwarzmalen will, sondern weil ich das Material das im Moment da ist gelesen habe und für mich interpretiert habe. Das ist der Eindruck den mir die Bücher vermitteln. Ich sauge mir das ja nicht an den Fingern. Ich will Degenesis mögen, denn im Grunde ist das Setting super. Es schmerzt mich nur zu sehen wie es vermittelt wird.

Nach der Diskussion im Forum bin ich mir zugegebenermaßen nicht mehr sicher. Mag es tatsächlich genug Platz für Helden und Heldentaten geben und es gibt vielleicht sogar etwas Beschützenswertes? Ich werde aufjedenfall die Augen danach offen halten wenn ich das nächste Mal durch die Degenesis-Bücher blättere. So schlimm kann das alles ja gar nicht sein. :)

1 Kommentar:

alexandro hat gesagt…

Erstmal: warum kopierst du im ersten Teil des Artikels den Schreibstil des GRWs. Schrecklich.

Zum Thema:
Grundsätzlich gibt es in "fiesen, dreckigen" Settings zwei Auffasungen, was mit guten, edlen Charakteren passieren kann:

1. die Zynische: jede gute Eigenschaft, jede Freundschaft, wird zum Fallstrick, der den Charakter ins Verderben reißt. Seine Freunde sterben oder entpuppen sich gar als Verräter. Alles Gute was er tut hat keine langfristigen Auswirkungen, weil die Bösen viel mächtiger sind etc.

2. die Humanistische: gerade *weil* die Welt so fies ist, gilt es das Wahre und Gute besonders zu schätzen. Können die Charaktere ihre Aufrichtigkeit beweisen, so schlägt ihnen Dankbarkeit, Sympathie und Respekt dafür entgegen, dass sie den MUT aufbringen in dieser Welt zu ihren Prinzipien zu stehen. Da sie mit Vertrauen arbeiten (im Gegensatz zu denen, welche überall Verrat wittern) sind sie potentiell stärker, weil gefestigter.

[Tangente: Variante 1 entspricht "Der Spion der aus der Kälte kam" und Variante 2 entspricht am ehesten "Irgendwann in Mexiko"].

Welche der beiden Varianten ist nun die "Richtige(TM)"?
Für mich persönlich: Keine.

Ich habe es mir abgewöhnt, für meine Abenteuer eine "Moral" oder ein "Thema" festzulegen, oder gar allen NSC "zwingend" eine bestimmte Einstellung zu geben.

Tipp: integrier mal eine Zufallsmethode für NSC-Attitude in dein System (weiß nicht ob Traveller so etwas hat, kannst es ansonsten recht einfach von D&D konvertieren) und spiel deine NSCs gnadenlos nach diesen Ergebnissen. Wenn sie halt "friendly" zur Gruppe sind, dann warnen sie sie halt auch, dass ein verfeindeter Kult ihren Kopf gefordert hat bzw. verstecken sie im Keller.
Wenn "hostile" rauskommt, würden sie die SC ohne mit der Wimper zu zucken ausliefern, bzw. suchen sogar aktiv selber nach den Kopfjägern, um vielleicht noch einen guten Preis mit der Haut der SC zu erzielen.

Was "kaputt, schlimm und grausam" angeht, so magst du teilweise recht haben, jedoch gibt es doch einige Lichtblicke:
- Apos sind von starken familären Bindungen geprägt (ähnlich wie bei traditionellen Zigeunersippen)
- ähnlich die Jehammedaner
- Spitalier wollen die Welt zum Besseren verändern (und nicht alle haben einen Sockenschuß alá "MUSS UNREINES FLEISCH VERBRENNEN"- das Klischee wird im GRW zwar etwas überstrapaziert, aber es gibt keine Regelvorgabe, dass die so MÜSSEN)
- Wiedertäufer/Hellvetiker sind zumindest bei Kameradschaft/Gemeinschaft, aufgrund von gemeinsamem Glauben/gemeinsamer Heimat zu packen
usw. usf.

Es ist also nicht so, dass die Kulte komplett "unmenschlich" wären, sie bieten durchaus Potential für Charaktere, welche Hoffnung verkörpern und für das kämpfen woran sie glauben (und was es sich zu beschützen LOHNT).

P.S.: Wie kommst du darauf, dass die Kultmitglieder alle "gehirngewaschen" sind. Hab ich nirgendswo gelesen.
Hatte eher den Eindruck, dass die Kulte so etwas wie Sicherheit (Familie, Glaube, Hoffnung...) für ihre Mitglieder verkörpern (was nicht heißt dass diese Hoffnungen unbedingt berechtigt sind, aber es eröffnet Möglichkeiten für Charaktere, welche aus "edlen" Motiven ihrem Kult treu sind).