Mittwoch, 11. Februar 2009

Was tun die Charaktere denn da?!

Zwei Tage habe ich jetzt gegrübelt ob das potentielle Fehlen von Helden wirklich des Pudels Kern ist. Vor allem mit der Forumsdiskussion im Hinterkopf. Inzwischen glaube ich diese Frage verneinen zu können. Aber das ist kein Problem das nur Degenesis hat.
Im Zuge meiner Überlegungen habe ich ein wenig weiter recherchiert. Ich habe mich mal beim indirekten Konkurrenten Heredium umgesehen. Auch hier kann man den selben Makel* entdecken. Das Spiel lässt einen Spieler weitgehend damit alleine was man denn überhaupt mit der Welt anfangen soll. Dadurch kommt für mich auch dieser Eindruck von "Geschlossenheit" zu Stande. Es werden Kulte, Kulturen, Landstriche und Regeln vorgestellt. Es wird aufgezeigt wie man Charaktere baut und was das für Charaktere sein können. Aber was kann man jetzt mit diesen Charakteren anstellen? Da muss zumindest ich erst einmal überlegen. Damit meine ich nicht überlegen im Sinne von "Welchen Plot kann man diesen Charakteren vorsetzen." Nein, nein, ich meine damit überlegen wie "Was zur Hölle mache ich jetzt?". Es fehlen schlicht die Bilder und Assoziationen um damit die Lücken in der eigenen Vorstellung, die man anhand des Gelesenem aufgebaut hat, zu füllen. Anders gesagt (und ich weiß dafür stecke ich Haue ein), es fehlen die Klischees. Das ein Rollenspiel meiner Meinung nach Klischees bedienen muss, dazu stehe ich.
Ich muss natürlich zugeben das endzeitliche und postapokalyptische Szenarien noch nie viele Klischees hatten. Das Feld ist soweit und groß. Allein im Film reicht die Palette von Mad Max und seinen meist schlechten Klonen über den Omega Mann (und der Buchvorlage natürlich) und seine X Neuverfilmungen und Remakes bis zum Planet der Affen. Von literarischen Vorlagen will ich gar nicht erst anfangen. Das fängt bei der Bibel an geht über Walter M. Miller (Lobgesang auf Leibowitz) und endet bei Gudrun Pausewang (u. a. Die letzten Kinder von Schewenborn). Kann also ein Endzeit-Rollenspiel gar kein Klischee bedienen weil in den Köpfen gar keines existiert? Alles in mir streubt sich diese Frage mit Ja zu beantworten. Schließlich stellt sich bei mir auch wenn ich endzeitliche Rollenspiele lese bestimmte Bilder im Kopf ein. Ich denke mal das geht nicht nur mir so. Objektiv gesehen ist das aber wohl nichts weiter als meine Sozialisation mit dem Thema, denn letztlich muss ich mir eingestehen das dieser Vorgang von Dingen wie "Die Wolke" und MadMax2 geprägt wurde. Allerdings ist das über eine Dekade her. Ich habe inzwischen mehr zu diesem Thema gelesen, habe mehr darüber nachgedacht. Bin ich trotzdem nicht in der Lage diese Grenzen zu sprengen, ist das Gros der Rollenspieler nicht dazu in der Lage?
Es scheint als benötige auch die eigene Fantasie bestimmte Kristallisationspunkte. Einige Systeme bieten diese Punkte und andere nicht. Wobei es natürlich Spiele in eher ausgetretenen Pfaden, wie der Fantasy, potentiell leichter haben als Spiele die sich Abseits des bekannten bewegen. Ach herje...allmählich wird es wohl Zeit das Phrasenschwein aufzustellen. ;) Eines sei aber noch gesagt.
Es wird zum Teil natürlich auch eine ausgeprägte Ambivalenz deutlich, die wohl viele neuere Systeme haben, die vermarktet werden wollen. Man muss sich von den anderen absetzen, das erreicht man u.a. durch Klischeebrüche, gleichzeitig muss man diese Klischees aber bedienen bzw. nicht völlig ignorieren. Aber das haben andere vor mir sicher schon wesentlich besser und ausführlicher beschrieben. Schließlich wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem. Um es mal mit Karl Valentin zu sagen. Natürlich gilt das auch für Rollenspiele. Vielleicht sehen deshalb auch viele die Endzeit der Rollenspiele gekommen. Doch das mögen andere wo anders ebenfalls besser beschreiben als ich.

*Sicher mögen das viele nicht als Makel empfinden. Locker bleiben. :-)

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Es gibt doch durchaus einige Clichées bei Endzeitwelten jeder Art und Epoche.

Zunächst mal gibt es 2 Arten von Endzeitszenarien:

- Das totalitäre System, in dem die Freiheit des einzelnen vollkommen eingeschränkt wird. Gemein ist allen diesen Welten die schöne Schwarz-Weiß-Zeichnung, die gerade das Spielen von Helden gut ermöglicht.

- Die postapokalyptische Wüste, in der der Mensch wieder auf seine Grundinstinkte reduziert wird und hauptsächlich an sein Überleben denkt.

Nebst der Tatsache, dass man diese beiden Welten auch kombinieren kann, gibt es dadurch mit die clichéehaftsten Heldentaten schlechthin. Zum Einen das Besiegen des bösen Systems und zum anderen der gemeinsame Kampf ums Überleben.

Gerade vom moralischen Anspruch her sind die Motivationen in einer Endzeitwelt fast deutlicher, als in einer Fantasywelt, da die meisten Szenarien Karikaturen unserer Welt sind. Es wird gezeigt, dass Zusammenhalt in der Gruppe stärker macht, als Egoismus. Es wird gezeigt, dass man gegen ein System angehen kann. etcpp....

Guck dir die Filme nochmal genauer an, da sind immer Helden vertreten! Nur eben nicht in strahlender Rüstung sondern eher in staubigen Fetzen.

Stefan / 1of3 hat gesagt…

Ich würde sagen, dass die Frage, "Was tut man da?", sogar weniger mit fehlenden Bildern im Kopf zu tun hat, sondern sich schlicht daraus ergibt, dass es schlicht nirgends steht.

Es fehlen insbesondere:

- Klare Worte, welche Rolle die Protagonisten in der Welt spielen.

- Klare Anweisungen an den SL wie er diese Rolle in der Welt zur Geltung bringt.

Zwart hat gesagt…

Da man muss man aber schon fragen ob das nicht auf viele andere Systeme auch zutrifft. Die aber nicht so hart in der Kritik stehen.
Ich habe ja auch hin und her überlegt, aber Systeme mit klaren Anweisungen was man denn jetzt spielt und wie und warum fielen mir nur wenige ein.

alexandro hat gesagt…

Gut gesagt.
Das ist in der Tat das Kernproblem von Degen und ich hatte damit auch ganz schön zu kämpfen. Die Welt ist ein konturloser Marmorblock, aus dem man erst mit viel Mühe ein formschönes "Spielgeschehen" herausmeißeln muss.

Anonym hat gesagt…

Ach da fallen mir sofort ein ganze Menge von Spielen ein, z.B. D&D, DSA, Shadowrun und Warhammer.

Das diese Spiele sehr beliebt sind hat wohl wirklich seinen Grund darin, dass das Spielziel leicht ersichtlich ist.

Daneben gibt es noch Spiele mit vagerem Spielziel, die aber durch ihre starken Klischees einen leichten Einstieg bieten, Vampire z.B.

Degenesis bietet leider keines von beiden.